Austin A35: Ein britisches Kleinwagen-Ikon
Austin A35: Ein britisches Kleinwagen-Ikon der Nachkriegszeit
Der Austin A35, der von 1956 bis 1968 produziert wurde, verkörpert britischen Charme, Praktikabilität und eine gehörige Portion Eigenständigkeit. Obwohl er klein und schlicht war, avancierte der A35 zum Liebling der Massen. Er war eine Weiterentwicklung des erfolgreichen Austin A30 und brachte frischen Wind in die Kleinwagenklasse der Nachkriegszeit. Mit seiner ikonischen Form, seiner robusten Technik und seiner Vielseitigkeit hat der Austin A35 einen festen Platz in der Automobilgeschichte erlangt.
Designer und Entwicklung: Ein charmantes Gesicht für die Nachkriegszeit
Das Design des Austin A35 wurde von Leonard Lord, dem damaligen Chef von Austin, geleitet. Er wollte ein Auto schaffen, das den Erfolg des A30 fortsetzen und dabei moderner, geräumiger und komfortabler sein sollte. Die Grundform des A30 wurde übernommen, doch der A35 erhielt einige wichtige Updates: größere Fensterflächen, eine markantere Frontpartie und die charakteristische große Heckscheibe, die dem Innenraum ein luftiges, freundliches Ambiente verlieh.
Das Ziel war klar: ein erschwinglicher, zuverlässiger Kleinwagen, der in der britischen Nachkriegszeit die Mobilität einer breiteren Bevölkerungsschicht ermöglichen sollte. Mit dem A35 gelang Austin genau das.
Technische Innovationen: Fortschritt auf kleinem Raum
Der Austin A35 war zwar technisch nicht revolutionär, doch er brachte einige Verbesserungen mit sich, die ihn zu einem der praktischsten Autos seiner Zeit machten. Der Wagen basierte auf einem selbsttragenden Karosserieaufbau, was Gewicht sparte und die Produktion vereinfachte. Er verfügte über eine einfache, aber zuverlässige Einzelradaufhängung vorne und eine Starrachse mit Blattfedern hinten.
Unter der Motorhaube arbeitete der legendäre A-Serie-Motor, ein kleines, aber robustes Aggregat, das sich in vielen BMC-Fahrzeugen bewährte. Die Leistung wurde im Vergleich zum A30 gesteigert: Der A35 erhielt einen 948-ccm-Vierzylindermotor, der 34 PS leistete – ausreichend, um das leichte Fahrzeug auf eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 115 km/h zu bringen. Später gab es auch eine Version mit einem 1098-ccm-Motor, der etwas mehr Leistung und besseren Durchzug bot.
Motorenpalette und Getriebe: Simpel, aber effektiv
Der A35 war mit dem 948-ccm-Motor ausgestattet, der über einen Einfachvergaser versorgt wurde. Diese Motoren waren bekannt für ihre Zuverlässigkeit und ihre einfache Wartbarkeit. Spätere Modelle wurden mit einem 1,1-Liter-Motor ausgestattet, der die Leistung auf etwa 40 PS erhöhte. Das 4-Gang-Schaltgetriebe mit synchronisierten Gängen in den oberen Stufen war leichtgängig und robust, perfekt für den Stadtverkehr und gelegentliche Landstraßenfahrten.
Modelle: Zwei Türen, vier Türen und ein Hauch von Sportlichkeit
Der Austin A35 wurde in verschiedenen Karosserievarianten angeboten, die eine breite Käufergruppe ansprachen:
- 2-türige Limousine: Ideal für Singles oder Paare.
- 4-türige Limousine: Perfekt für kleine Familien.
- Kombi (Countryman): Für diejenigen, die mehr Laderaum benötigten.
- Transporter (Van): Ein beliebtes Modell bei kleinen Unternehmen.
- Austin A35 Speedwell: Eine sportlich inspirierte Variante, die durch ihre Auftritte im Motorsport bekannt wurde.
Vorgänger und Nachfolger
Der direkte Vorgänger des A35 war der Austin A30, der viele Design- und Technikmerkmale übernahm, jedoch weniger leistungsstark war. Der A35 wurde schließlich durch den moderneren Austin A40 Farina abgelöst, der ein neues Design und mehr Platz bot. Dennoch blieb der A35 aufgrund seines charmanten Erscheinungsbildes und seiner Zuverlässigkeit bei vielen Käufern beliebt.
Motorsport: Der kleine Riese auf der Rennstrecke
Obwohl der Austin A35 nicht als Sportwagen konzipiert wurde, fand er schnell seinen Weg in den Motorsport. Besonders in den 1950er- und 1960er-Jahren war der A35 in Clubrennen und der British Saloon Car Championship ein häufiger Anblick. Dank seines geringen Gewichts und seines zuverlässigen Motors konnte er in der Klasse der kleinen Tourenwagen beachtliche Erfolge erzielen.
Eine bekannte Figur im Rennsport war John Sprinzel, der mit einem modifizierten A35 in verschiedenen Rennen antrat. Der Wagen wurde oft mit Tuningteilen von Speedwell ausgestattet, um die Leistung und das Handling zu verbessern. Auch heute noch wird der A35 in historischen Rennserien eingesetzt und begeistert Fahrer und Zuschauer gleichermaßen.
Topmodell und Sondermodelle
Das sportlichste und bekannteste Sondermodell war der Austin A35 Speedwell. Mit modifizierter Motorsteuerung, sportlichem Fahrwerk und leichten Karosserieteilen wurde dieses Modell zum Favoriten für Rennsportenthusiasten.
Konkurrenten: Kleine Wagen mit großem Charakter
Der A35 stand im Wettbewerb mit anderen Kleinwagen der 1950er-Jahre, darunter der Morris Minor, der technisch ähnlich war, sowie der Ford Anglia und der Hillman Minx. Während der Morris Minor für seine geschmeidige Fahrweise und sein eigenständiges Design geschätzt wurde, überzeugte der A35 durch seinen robusten Motor und seine kompakten Maße, die ihn zu einem exzellenten Stadtwagen machten.
Existierende Fahrzeuge und Sammlerwert
Von den ursprünglich produzierten 375.000 Exemplaren sind heute noch viele erhalten, was die Beliebtheit und die Haltbarkeit des A35 unterstreicht. Gut gepflegte Fahrzeuge sind bei Sammlern äußerst begehrt. Der Neupreis eines A35 lag in den 1950er-Jahren bei etwa 500 Pfund, was inflationsbereinigt heute etwa 12.000 Euro entspricht. Restaurierte Exemplare erzielen heute Preise zwischen 8.000 und 15.000 Euro, während seltene Sondermodelle wie der Speedwell noch teurer sein können.
Stärken und Schwächen
Stärken:
- Charmantes, zeitloses Design
- Zuverlässige und einfach zu wartende Technik
- Gutes Fahrverhalten für die damalige Zeit
- Breite Modellpalette für unterschiedliche Bedürfnisse
Schwächen:
- Begrenzter Platz im Innenraum, besonders für große Personen
- Rostanfälligkeit, besonders an den Kotflügeln und dem Unterboden
- Bescheidene Motorleistung, besonders in frühen Modellen
Worauf achten beim Kauf?
Beim Kauf eines Austin A35 sollte besonderes Augenmerk auf Rostschäden gelegt werden, insbesondere an den Schwellerblechen, Radläufen und im Kofferraumbereich. Die Technik ist einfach und robust, doch der Zustand des Motors und des Getriebes sollte geprüft werden. Originalität ist entscheidend für den Sammlerwert, daher sind Fahrzeuge mit vollständiger Historie und unverbasteltem Zustand besonders begehrt.
Fazit: Ein Kleinwagen mit großer Persönlichkeit
Der Austin A35 ist mehr als nur ein historisches Auto – er ist ein Stück britische Nachkriegsgeschichte und ein Symbol für erschwingliche Mobilität. Sein charmantes Design, seine vielseitige Modellpalette und seine robuste Technik machen ihn zu einem idealen Klassiker für Einsteiger und erfahrene Sammler gleichermaßen. Wer einmal hinter dem Steuer eines A35 gesessen hat, wird seinen unvergleichlichen Charakter nie vergessen. Ein echter kleiner Riese der Automobilwelt!