Italienische Autobauer und ihre Geschichte Teil 1

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ASA 1000 GT iatalienischer Autobauer

Italienische Autobauer und ihre Geschichte

Italien gilt als Wiege zahlreicher legendärer Autobauer wie Ferrari, Lamborghini oder Alfa Romeo. Daneben existierten (und existieren teils noch heute) jedoch auch viele kleinere Hersteller, die – obwohl weniger bekannt – einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Automobils in Italien und darüber hinaus geleistet haben. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf einige dieser Marken: Ansaldo, Aquila Italiana, ASA, Aurea und Autobianchi. Wir beleuchten ihre Gründung, wichtigsten Modelle, technischen Besonderheiten, ihren heutigen Status sowie ihren Stellenwert unter Sammlern.


1. Ansaldo

Ansaldo 4CS Cabrio Italienische Marke

Gründung und Hintergrund

  • Gegründet: 1853 in Genua
  • Gründer: Ursprünglich von Giovanni Ansaldo, dem Finanzinstitut Banco di Genova und einigen weiteren Teilhabern ins Leben gerufen.
  • Hauptgeschäft: Ansaldo entwickelte sich zu einem der größten Ingenieurbüros Italiens. Das Unternehmen war vor allem in der Rüstungs- und Schiffbauindustrie tätig und stellte Lokomotiven, Kriegsschiffe sowie Flugzeuge her.

Einstieg in den Automobilbau

  • Zeitraum: Anfang der 1920er-Jahre bis ungefähr 1930
  • Motivation: Während der Zwanziger suchten viele Unternehmen nach alternativen Geschäftsfeldern. Für Ansaldo erwies sich die Autoproduktion jedoch eher als Seitensprung im Vergleich zum eigentlichen Kerngeschäft.
  • Bekanntes Modell: Ansaldo 4CS (Limousine von 1926)
    • Motor: 2,0-Liter-Reihenmotor
    • Karosserie: Von der britischen Karosseriebau-Firma Harrington
    • Leistung: Je nach Ausführung ca. 35–40 PS
    • Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit um 100 km/h
    • Besonderheiten: Für eine italienische Limousine jener Zeit war die Zusammenarbeit mit einem britischen Karosseriebauer ein interessantes Alleinstellungsmerkmal.

Technische Innovationen und Patente

Ansaldo besaß jahrzehntelange Erfahrung im Maschinen- und Anlagenbau. Davon profitierte auch der Autobereich:

  • Präzision in der Fertigung: Dank militärischer Fertigungsstandards waren Ansaldo-Fahrzeuge technisch solide.
  • (Indirekte) Patente und Wissen: Viele konstruktive Ideen wanderten aus der Rüstungs- und Lokomotivproduktion in den Autobau (z. B. Leichtbaumaterialien und metallurgisches Know-how).

Sammlermarkt und begehrte Modelle

  • Seltenheit: Da Ansaldo nur wenige Jahre Pkw herstellte, sind Automobile dieser Marke heute Raritäten.
  • Sammlerpreise: Gut erhaltene Ansaldo-Fahrzeuge, insbesondere ein 4CS, können je nach Originalzustand und historischer Dokumentation hoch im Preis liegen.
  • Verwechslung: Häufig wird Ansaldo mit „Ansaldi“ verwechselt, doch das sind zwei vollkommen verschiedene Unternehmungen. „Ansaldi“ ging später in den Fiat Brevetti über.

Wo steht Ansaldo heute?

Die Marke Ansaldo als Autobauer existiert nicht mehr. Das Unternehmen konzentrierte sich nach dem kurzen Automobil-Intermezzo wieder auf Rüstungs- und Schiffbauprojekte. Heutzutage ist der Name Ansaldo in Italien noch immer in Bereichen wie dem Schienenfahrzeugbau (z. B. AnsaldoBreda, heute Hitachi Rail Italy) präsent, jedoch nicht mehr in der Automobilproduktion.


2. Aquila Italiana

Gründung und Hintergrund

  • Gegründet: Zwischen 1905 und 1906 (exakte Jahreszahl unklar)
  • Standort: Turin
  • Produktionsvolumen: Insgesamt etwa 1.500 Fahrzeuge
  • Übernahme: Das Unternehmen wurde später von SPA (Società Piemontese Automobili) übernommen.

Fokussierung auf Hochleistungsmodelle

  • Ausrichtung: Aquila Italiana war bekannt für leistungsstarke Automobile, die nicht nur im Alltag, sondern auch im Motorsport erfolgreich waren.
  • Bekanntes Modell: 25/30 PS
    • Motor: 4,0-Liter-Reihensechszylinder
    • Leistung: Rund 50–60 PS
    • Motorsport-Erfolge: Das hohe Drehmoment und die zuverlässige Technik machten die Fahrzeuge in Bergrennen und Langstreckenwettbewerben beliebt.

Technische Besonderheiten

  • Ventilsteuerung: Moderne Konstruktionsansätze für die damalige Zeit, z. B. großvolumige Motoren mit robustem Kurbelgehäuse.
  • Fahrwerk: Zur Optimierung der Straßenlage kamen bei manchen Modellen Blattfedern in Kombination mit Verstärkungen im Fahrgestell zum Einsatz.

Sammlermarkt und begehrte Modelle

  • Seltenheitsgrad: Die Produktionszahl von rund 1.500 Fahrzeugen ist relativ gering. Heute sind weltweit nur wenige Exemplare erhalten.
  • Sammlerwert: Ein gut restaurierter Aquila Italiana kann hohe Preise erzielen, da die Marke die italienische Rennsportgeschichte mitgeprägt hat.

Wo steht Aquila Italiana heute?

Das Unternehmen selbst existiert nicht mehr und ging in SPA auf. SPA wiederum wurde in den 1920er-Jahren von Fiat übernommen. Der Name „Aquila Italiana“ hat sich zwar nicht weiter im Automobilbau fortgesetzt, gilt jedoch in Sammlerkreisen als interessanter historischer Meilenstein.


3. ASA

ASA 1000 GT iatalienischer Autobauer

Gründung und Ursprung des Projekts

  • Gegründet: Anfang der 1960er-Jahre
  • Hintergrund: ASA entstand, um ein Kleinwagenprojekt umzusetzen, das ursprünglich von Ferrari (unter der Leitung von Enzo Ferrari und seinem Konstruktionsteam) entwickelt wurde. Ferrari stellte das Projekt jedoch ein, sodass ASA die Pläne übernahm.
  • Namensbedeutung: „Autocostruzioni Società per Azioni“ – häufig kurz als ASA bezeichnet.

Das Schlüsselmodell: ASA 1000 GT

  • Karosserievarianten: Coupé und Spider
  • Motor: 1,0-Liter-Vierzylinder
    • Leistung: Zwischen 90 und 95 PS, je nach Vergaserbestückung
    • Höchstgeschwindigkeit: Über 170 km/h (für die damalige Zeit bemerkenswert bei nur 1,0 Liter Hubraum)
  • Design und Konstruktion:
    • Designer: Giovanni Michelotti (bei einigen Versionen war zudem Giorgetto Giugiaro beteiligt).
    • Chassis: Leichtbau, um trotz kleinem Motor sportliche Fahrleistungen zu ermöglichen.
  • Preis- und Marktposition: Sehr hochpreisig (in derselben Liga wie eine AC Cobra, Chevrolet Corvette oder Jaguar E-Type), was mit dem relativ „kleinen“ Motor für viele Käufer nicht zusammenpasste.

Gründe für das Scheitern

  • Fehlende Käufer: Der hohe Preis stand in keinem Verhältnis zur Motorisierung.
  • Kurze Produktionsdauer: Das Projekt wurde schon nach wenigen Jahren eingestellt.
  • Mitwirkende Personen: Unter anderem soll Giulio Cesare Cappa (Mitbegründer) an der technischen Entwicklung beteiligt gewesen sein. Er wechselte später zu Fiat und gründete dann sein eigenes Ingenieurbüro.

Sammlermarkt und begehrte Modelle

  • Seltenheit: Wenige hundert ASA 1000 GT wurden gebaut (Schätzungen schwanken zwischen 100 und 150 Exemplaren).
  • Sammlerpreise: Heute sehr hoch, da echte Raritäten mit einer Verbindung zur Marke Ferrari.

Wo steht ASA heute?

ASA als Autobauer existiert nicht mehr. Nach dem Ausstieg aus dem 1000-GT-Projekt konnte sich das Unternehmen nicht erholen. Die wenigen gebauten Fahrzeuge sind begehrte Sammlerobjekte, die dank ihrer ungewöhnlichen Entstehungsgeschichte (Ferrari-Entwurf, teurer Sportwagen mit kleinem Motor) einen gewissen Mythos genießen.


4. Aurea

Gründung und Hintergrund

  • Markenname: „Aurea“
  • Unternehmen: Hergestellt von der Società Italiana Ferrotaie, später Fabbrica Anonima Torinese Automobili in Turin
  • Beteiligung: Die Familie Ceirano – eine sehr einflussreiche Familie in der italienischen Frühzeit der Automobilindustrie – war an vielen Automarken beteiligt, so auch an Aurea.

Produktionszeitraum und Modelle

  • Aktiv: Hauptsächlich in den 1920er-Jahren, einige Modelle noch Anfang der 1930er-Jahre
  • Motorisierung:
    • Vierzylindermotoren
    • Hubraum: knapp 1,5 Liter
    • Leistung: Zwischen 20 und 30 PS, je nach Ausführung
  • Innovative Ventilsteuerung: Bei einigen ambitionierteren Modellen lagen die Ventile direkt über den Zylindern (OHV-Bauweise), was damals noch nicht bei allen Herstellern üblich war und Leistungs- sowie Effizienzvorteile brachte.

Technische Besonderheiten

  • Fahrgestell: Stabile Leiterrahmen, angepasst an den Einsatz in oft schlechten Straßenverhältnissen.
  • Aufbauten: Meist Tourenwagen und Limousinen.
  • Positionierung: Aurea wollte qualitativ hochwertige, aber dennoch relativ erschwingliche Automobile anbieten.

Sammlermarkt und Wert

  • Rarität: Aurea-Fahrzeuge tauchen nur selten auf Auktionen auf. Die meisten wurden entweder umgebaut, verschrottet oder gingen im Zweiten Weltkrieg verloren.
  • Wert: Wer ein Aurea-Modell in gutem Zustand besitzt, kann mit Interesse von Liebhabern italienischer Vorkriegsfahrzeuge rechnen. Allerdings erreichen Aurea nicht die Preise großer Namen wie Bugatti oder Alfa Romeo, bleiben aber beliebte Sammlerfahrzeuge für Kenner.

Wo steht Aurea heute?

Der Autobauer Aurea existiert schon lange nicht mehr. Mit dem Niedergang vieler kleiner Autobauer während der Weltwirtschaftskrise und in den turbulenten 1930er-Jahren konnte sich Aurea nicht halten. Heutige Exemplare stehen fast ausschließlich in Museen oder in privaten Sammlungen.


5. Autobianchi

Autobianchi A112 dunkelgrün mit weißem dach

Gründung und Entwicklung

  • Aktiv: Mitte der 1950er- bis Mitte der 1990er-Jahre
  • Hintergrund: Gegründet als Gemeinschaftsprojekt von Bianchi (Fahrrad- und Motorradhersteller), Pirelli (Reifenhersteller) und Fiat.
  • Bedeutung: Fiat nutzte Autobianchi als Testlabor für neue Technologien.

Wichtige Modelle und Innovationen

  1. Autobianchi Primula (1964–1970)
    • Bauweise: Quereingebauter Frontmotor mit Frontantrieb – damals eine Neuheit für Fiat und Vorläufer späterer Erfolgsmodelle (Fiat 128).
    • Motoren: 1,2–1,4 Liter, etwa 44–70 PS.
    • Innovation: Die Primula zeigte, wie Platz effizient genutzt werden kann.
  2. Autobianchi A112 (1969–1986)
    • Technische Basis: Enge Verwandtschaft zum Fiat 128.
    • Motoren: 903 ccm bis 1050 ccm (A112 Abarth).
    • Leistung: 42 PS bis etwa 70 PS im Abarth.
    • Beliebtheit: In Italien und vielen anderen Ländern ein Kultauto; sportliche Abarth-Version sehr gefragt.
  3. Autobianchi Y10 (1985–1995)
    • Namensgebung außerhalb Italiens: Als Lancia Y10 vermarktet.
    • Motoren: 1,0–1,3 Liter, teils mit FIRE-Technologie (Fully Integrated Robotized Engine).
    • Ausstattung: Fortschrittliche Extras für ein Auto dieser Klasse, z. B. elektronische Einspritzung, teilweise sogar Allradversion (Y10 4WD).

Sammlermarkt und heutige Bedeutung

  • Kultfaktor: A112 (besonders in der Abarth-Version) gilt als Klassiker unter Kleinstwagen-Liebhabern.
  • Preise: Steigende Tendenz für gepflegte Exemplare des A112 Abarth; noch sind normale A112 oder Primula preislich moderat.
  • Restaurierbarkeit: Ersatzteile teils schwierig zu bekommen, aber die Fiat-Verwandtschaft erleichtert vieles.

Wo steht Autobianchi heute?

Der Autobauer Autobianchi wurde in den 1990er-Jahren schrittweise eingestellt. Der letzte Autobianchi, der Y10, wurde in den meisten Märkten als Lancia Y10 angeboten, was die Integration in den Fiat-Konzern verdeutlicht. Heute existiert Autobianchi als eigenständige Marke nicht mehr, doch der Name und insbesondere Modelle wie der A112 haben Kultstatus.


Fazit und Ausblick

Die hier vorgestellten Autobauer – Ansaldo, Aquila Italiana, ASA, Aurea und Autobianchi – waren alle auf ihre Weise Pioniere oder zumindest äußerst interessante Randakteure der italienischen Automobilgeschichte. Sie verdeutlichen die Vielfalt und Innovationsfreude in Italien, die nicht nur bei den „großen“ Namen wie Ferrari oder Fiat zu finden ist, sondern auch in kleineren, heute oft vergessenen Unternehmen.

  • Ansaldo brachte das Ingenieurwissen aus Schiff- und Flugzeugbau in den Automobilbau ein.
  • Aquila Italiana überzeugte mit kraftvollen Hochleistungsmodellen, die auch im Motorsport erfolgreich waren.
  • ASA versuchte sich mit einem Ferrari-Ableger im Sportwagensegment und scheiterte letztlich an einer ungünstigen Preis-Leistungs-Relation.
  • Aurea war ein typisches Beispiel für einen Hersteller der Vorkriegszeit, der solide Automobile im unteren bis mittleren Marktsegment produzierte.
  • Autobianchi verkörperte den Geist der Innovation im Kleinwagenbereich und diente als wichtige Testplattform für den Fiat-Konzern.

Heute leben die Autobauer zumeist nur noch in Museen, in Sammlungen oder in der Erinnerung fort. Dennoch faszinieren ihre Automobile Sammler und Enthusiasten, weil sie ein Stück Technik- und Zeitgeschichte repräsentieren. Gerade in einer Epoche, in der Elektro- und Hybridfahrzeuge das Straßenbild erobern, gewinnt die Geschichte dieser kleinen, teils obskuren Autobauer zusätzlich an Reiz. Sie sind ein Beleg für den enormen Ideenreichtum und die Experimentierfreude, die Italiens Automobilkultur seit jeher ausgezeichnet haben.

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